Es gibt noch immer eine rege Debatte dazu, ob Online-Gaming einen potenziell problematischen oder gesundheitsgefährdenden Einfluss auf Jugendliche hat.

Die potenzielle Suchtgefahr, die mit digitalem Gaming verbunden sein kann, gilt es genauer ins Auge zu nehmen. Es gibt Indizien, dass sich Spielsucht negativ auf die psychische Gesundheit auswirkt und soziale Isolation verstärkt (Domahidi, 2014). Einige Berichte zeigen, dass Spieler:innen, die Zeit aufwenden, um Beziehungen im Spiel aufzubauen, weniger Zeit damit verbringen, ihre sozialen Offline-Beziehungen zu pflegen (Shen, 2011). Gleichzeitig gibt es andere Quellen, die zeigen, dass Vereinsamung und Isolation durch Spiele gemindert werden, da diese die soziale Interaktion und Teamarbeit fördern (Trepte, 2014).  JugendleiterIinnen können sich der Realität von Spielsucht bewusst sein und Umgangsstrategien damit finden, ohne den Anspruch zu haben, Suchtverhalten therapeutisch fundiert adressieren zu müssen. Der Gaming-Jugendaustausch kann geradezu als präventive Maßnahme dienen, indem Selbstfürsorge und Gaming parallel vorgelebt und geübt wird. Klare Spielzeiten, regelmäßige Pausen, Bewegung und der Austausch über die Suchtwirkung von Medien können helfen, das Thema zu entstigmatisieren und einen offenen Austausch zu ermöglichen.

Es gibt einige Studien, die den Zusammenhang zwischen Spielen und Gewalt adressieren. Spiele mit Gewaltdarstellungen sind bei Jugendlichen beliebt und verbreitet. Folgt man der Theorie des sozialen Lernens, besteht tatsächlich die Gefahr der Nachahmung und Steigerung des Aggressivitätsgrades bei Konsum von gewaltvollen Inhalten (Bandura, 1963). Andere Studien zeigen wiederum, dass Gewalttendenzen in Online-Games nicht mit realem Verhalten korrelieren und die Jugendlichen zwischen Fiktion und Realität unterscheiden können (Grüsser, 2007). Eine bewusste Auswahl der Spiele kann hier unterstützen: Dabei gilt es zu besprechen, was als gewaltvolle Handlungen verstanden wird. Es gibt klare Fälle wie Ego-Shooter, die leicht auszusortieren sind und dann einen großen Graubereich, der abgewogen werden muss. Es darf auch mit den Jugendlichen gemeinsam reflektiert werden, indem zur Sensibilisierung zum Beispiel die Frage besprochen wird, wo Gewalt beginnt.

Das Schützen der persönlichen Daten spielt im digitalen Jugendaustausch eine wichtige Rolle. Missbrauch sowie Diskriminierung sollte durch durchdachte Datenschutzvorkehrungen verhindert werden. Insbesondere für Jugendliche aus nicht-demokratischen Ländern, die möglicherweise Sorgen bezüglich Überwachung und Verfolgung haben, sind konservative Datenschutzvorkehrungen essenziell. Für die Auswahl der Kommunikationsplattformen kann dafür auf sichere und verschlüsselte Plattformen zurückgegriffen werden. Um Sicherheit im digitalen Raum zu gewährleisten, können die Teilnehmer*innen für die Relevanz von gemeinsamen Datenschutzpraktiken sensibilisiert werden.

Neben den diskutierten Sicherheits- und Datenschutzaspekten kann das Thema digitale Ethik expliziten Raum einnehmen. Dazu gehört der respektvolle Umgang miteinander in digitalen Welten & im Spiel und das Bewusstsein über die Auswirkungen des eigenen Verhaltens im digitalen Raum. Jugendleiter:innen können diese Themen in ihre Programme integrieren, um Jugendliche zu bestärken, reflektiert und verantwortungsvoll online wie offline zu agieren. Eng verbunden mit digitaler Ethik ist die Notwendigkeit, kritische Medienkompetenz zu fördern. Jugendliche sollten nicht nur lernen, wie sie digitale Tools und Spiele nutzen können, sondern auch, wie sie die Inhalte, mit denen sie online konfrontiert werden, kritisch hinterfragen und bewerten können.

Die Einbindung von Eltern und Erziehungspersonen in der Vorphase des digitalen Jugendaustausch kann dabei einen Beitrag leisten. Durch ein geteiltes Verständnis und gemeinsamen Spielregeln können auch Eltern indirekt an Medienkompetenz gewinnen oder die Gespräche aus dem Austausch fortführen. Ein unterstützendes Umfeld zu Hause kann eine wichtige Ressource für die Jugendlichen sein, um den Spagat zwischen digitalem Austausch und der Lebensrealität zu Hause gut zu meistern.

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass Online-Gaming durchaus ein Risikopotential haben kann und eigene Herausforderungen mit sich bringt. Dabei lässt sich jedoch nicht generalisieren. Es gibt viele Online-Spiele mit positiver Wirkung auf das Wohlbefinden und ein breites Spektrum an gesundem Gaming-Verhalten. Die Rolle der Jugendleiter:in - Pädagogische Begleitung ist daher zentral, um vor dem Jugendaustausch die Kriterien für die Auswahl von Games zu reflektieren und gesundes Gaming-Verhalten während der Spieleerfahrung aktiv zu fördern.

Quellenverzeichnis

Feng, Shuang (2021): Friends or Strangers? Modeling Types of In-game Relationship, Social Capital and Psychological Well-being. Uppsala University; https://www.diva-portal.org/smash/get/diva2:1574833/FULLTEXT01.pdf

Bandura, A., Ross, D., & Ross, S. A. (1963): Imitation of film-mediated aggressive models. The Journal of Abnormal and Social Psychology, 66(1), 3–11. https://doi.org/10.1037/h0048687

S.M. M Grüsser, R. Thalemann, and M.D. D Griffiths. 2007. Excessive Computer Game Playing: Evidence for Addiction and Aggression? CyberPsychology & Behavior 10, 2: 290–292. https://doi.org/10.1089/cpb.2006.9956

Sabine Trepte, Leonard Reinecke, and Keno Juechems. 2012. The social side of gaming: How playing online computer games creates online and offline social support. Computers in Human Behavior 28, 3: 832–839. https://doi.org/10.1016/j.chb.2011.12.003

Emese Domahidi, Ruth Festl, and Thorsten Quandt. 2014. To dwell among gamers: Investigating the relationship between social online game use and gaming-related friendships. Computers in Human Behavior 35: 107–115.

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