Welches pädagogische Potential haben Online-Games und digitales Spielen, um eine neue Form von Jugendaustausch zu gestalten? Insbesondere in der heutigen Generation Z, die mit digitalen Technologien aufgewachsen ist, kann Gaming eine effektive Brücke zum Lernen und für sozialen Austausch darstellen. Der große Vorteil am digitalen Gaming ist, dass wir Jugendliche genau dort treffen, wo sie sich sowieso schon aufhalten: Am Bildschirm. Durch die Interaktion in virtuellen Welten werden bildende Erfahrungen ermöglicht, die speziell auf die Interessen und Lebensweltrealitäten junger Menschen zugeschnitten sind.
In einer Studie wurden Jugendliche, die schon an einem organisierten Schüler:innen oder Jugendaustausch teilgenommen haben, gefragt, welche Motive für eine Teilnahme eine Rolle spielten. Die SINUS-Befragung ergab, dass die wichtigsten Faktoren Spaß und eine gute Zeit zu haben, neue Leute kennenzulernen, neue Erfahrungen und Eindrücke zu sammeln sowie andere Kulturen bzw. Sprachen zu entdecken sind. Nur für etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmenden ging es auch darum, selbstständiger werden zu können oder eine Zeit lang von zu Hause wegzukommen. Das deutet darauf hin, dass viele Bedürfnisse der Jugendlichen nach Kontakt, auch durch digitales Gaming möglich gemacht werden können (FPD, 2024).
Spiele ermöglichen es Jugendlichen, in einer unterstützenden Gemeinschaft zu interagieren, die über traditionelle soziale Umgebungen hinausgeht. Studien zeigen, dass das Spielen von Massively Multiplayer Online Games (MMOGs) nicht nur Unterhaltung bietet, sondern auch positiv auf das mentale Wohlbefinden wirken (Frontiers in Psychology, 2021) und wertvoll für soziale Beziehungen sein können (SageJournals, 2021). Durch ihre soziale Komplexität und Interaktivität können sie die Entwicklung wichtiger Fähigkeiten unterstützen (Staudacher, 2019):
Ein wesentlicher Aspekt von digitalen Spielen ist deren Potenzial, Motivation zu schaffen und die Jugendlichen emotional zu involvieren. Die Forschung zeigt, dass Motivation durch ein Gefühl von Selbstbestimmung entsteht. Dafür braucht es einen Kontext, der Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit als Kernbedürfnisse für intrinsische Motivation bietet (Deci & Ryan, 1993).
Digitale Spiele können diese Bedürfnisse ansprechen und das psychische Wohlbefinden steigern, indem sie den Spieler:innen folgende drei Erfahrungen ermöglichen:
Diese Erfahrungen im Spielen können Jugendliche aus dem Gaming-Kontext in ihr reales Leben übertragen. Laut der Theorie des sozialen Lernens können kollaboratives und empathisches Verhalten im Gaming oder Umgang mit Stress im Spiel als Vorbild für Verhalten in anderen Situationen dienen (Bandura, 1963). Die Nutzung von Spielen, die auf realen Szenarien basieren oder gesellschaftliche Themen behandeln, kann Jugendliche dazu anregen, über den Spielkontext hinaus zu lernen und zu reflektieren. Für Jugendleiter:innen bietet sich hier die Chance, digitales Gaming gezielt als pädagogisches Werkzeug einzusetzen.
Forschung und Praxis im Dialog – Internationale Jugendarbeit (FPD) transfer e.V. (2024): "Die Zugangsstudie - Ergebnisse des Forschungsprojektes", https://www.zugangsstudie.de/downloads-und-materialien-2/
Frontiers in Psychology (Volume 12-2021): Massively Multiplayer Online Games and Well-Being: A Systematic Literature Review; https://doi.org/10.3389/fpsyg.2021.698799 https://doi.org/10.3389/fpsyg.2021.698799
YOUNG Editorial Group. SageJournals (2021): Playing Apart Together: Young People’s Online Gaming During the COVID-19 Lockdown; **https://doi.org/10.1177/11033088211032018**
Staudacher, Nikolaus: Digitale Spiele und ihr Potenzial als Bildungs- und Lernräume - In: Magazin erwachsenenbildung.at (2019) 35-36, 7 S. - URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-166730 - DOI: 10.25656/01:16673
Deci, Edward L.; Ryan, Richard M.: Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik - In: Zeitschrift für Pädagogik 39 (1993) 2, S. 223-238 - URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-111739 - DOI: 10.25656/01:11173
Bandura, A., Ross, D., & Ross, S. A. (1963): Imitation of film-mediated aggressive models. The Journal of Abnormal and Social Psychology, 66(1), 3–11.